29.7.07

nur die Wurst hat zwei

Plötzlich und unerwartet ist heute eine große Last von mir abgefallen, nein, das ist zu profan, ich muss ein dramatischeres Bild wählen - nach langem Leiden hat heute mein eherner Wille die mir um die Füße geschmiedeten Fesseln gesprengt und eine erste Fassung meiner ... *Trommelwirbelllllll*...

DOKTORARBEIT formerly known as "Das böse D-wort"
meinem Doktorvater zur Korrektur übergeben. Der "eherne Wille" ist zugegebenermaßen frei erfunden, aber die lange Leidensgeschichte leider nicht. In Zahlen:
2002, Mai: Beginn der allerersten Versuche zur Doktorarbeit, eine PhDlerin soll sich um eine Freundin und mich kümmern. Ich nehme mir nach Rücksprache mit meinem Betreuer, damals noch Dr. med., ein Semester frei. In diesem hab ich zwar viel Zeit, zu meinem Freund nach Österreich zu fahren und Philosophiescheine zu erwerben, im Labor tut sich kaum was.
Die restliche Geschichte hab ich nicht mehr so ganz im Kopf, ich weiß nur, dass ich mich mit der Freundin verkracht, drei Staatsexamina bestanden, drei PhDler verschlissen, zwei Mal den Themenschwerpunkt gewechselt, 6 Monate Auslandsstudium gemacht habe, die Abteilung hat einen neuen Chef bekommen und mein Betreuer ist zuerst PD und jetzt Professor geworden. Und noch mehr.
Und heute saß ich mal wieder mit nur halber Motivation, die daher kam, dass es "echt nicht mehr viel zu tun ist" (running gag in meiner WG, weil ich das schon seit einem halben Jahr sage) - und auf einmal war ich fertig! Naja, jetzt wird mein Betreuer wahrscheinlich erstmal herzhaft lachen, und dann hab ich nochmal ein halbes Jahr Arbeit, aber immerhin. Ich kann kaum glauben, dass "das böse D-Wort" nicht mehr wie ein Damoklesschwert über mir lauert, sobald ich eine freie Minute habe. Nicht dass mich das in der Vergangenheit dazu gebracht hätte, was zu schreiben, aber angenehmer ist es allemal. Bis ich dann heute meine Dienst-email gecheckt habe und gerade heute an diesem Freudentag eine mail von meinem Chef lesen muss, ob ich denn schon eine Pilotversuchsreihe gemacht hätte zu den Drainagemarkern, die er mir aufgetragen hat...?!
Es hört nie auf.

6.7.07

lies and the lying liars who tell them

Heute war wieder mal ein Marathon-Tag: 7:15h Start, 21.30h Ende.
Am Schluss endlich die Visite mit dem Oberarzt, der vorher ewig im OP stand. Wir hatten nur Zeit, zu den kritischeren Patienten zu gehen, während dessen hat sein Telefon ca. 3 mal geklingelt mit offensichtlich seiner Frau dran. Beim ersten mal hat er gemeint "20 min", was schon zu diesem Zeitpunkt Wunschdenken war. Beim zweiten mal hieß es dann "5 min", da war es nicht realistischer. Beim dritten mal hat er dann behauptet, er sei schon auf dem Weg zum Auto, während wir noch einen Patienten vor uns hatten. Das alles mit einer sehr gefassten und ehrlichen Stimme am Telefon, mit Bedauern, dass es schon wieder so spät wird.
Wie soll man jemandem, der nicht annähernd einen ähnlichen Job hat, begreiflich machen, dass es so ist, wie es ist? Wie kann von jemandem erwarten, das zu verstehen? Und was kann man anderes tun, als es schönzulügen am Telefon, um den anderen nicht noch mehr zu enttäuschen?

Wir laufen hier echt auf Reserve im Moment, weil einer der Oberärzte Chef geworden ist, und sehr viele Leute mitgenommen hat. Mit der vielen Arbeit vergeht die Zeit so schnell, ich kann wirklich nicht glauben, dass ich schon mehr als ein halbes Jahr dabei bin.