Es ist 3.05 h, ich bin gerade aus dem OP gekommen, wo ein 17jähriger gleichzeitig von Neurochirurgen und uns operiert wurde, nach einem Unfall, und es sieht nicht gut aus für ihn.
Am Montag steht mir mein erster Rotationswechsel bevor, dann verlasse ich die Privastation, in deren Arztzimmer ich gerade sitze, und bin in unserer Notaufnahme und Poliklinik eingeteilt. Ich habe Angst. Paradoxerweise spüre ich diese Angst bei für mich einschneidenden Veränderungen mit zunehmendem Alter anscheinend immer deutlicher. Ich weiß, dass sie unbegründet ist, und sie lähmt mich.
Der Mann, dem ich mehr als zwei Jahre so nachgelaufen bin, dass mich meine gesamte Umgebung für debil gehalten hat, hat mich über Weihnachten besucht. Von einem anderen Kontinent. Und auf dieses Ziel habe ich, seit er Schluss gemacht hat, hingearbeitet. Ich dachte, wenn ich ihn sehe würde mir alles klar, ob ich einer Illusion nachgelaufen bin, oder ob es einfach die große wunderbare Liebe ist, die mich festhalten hat lassen. Und jetzt sitze ich hier und er dort und wir fehlen einander.
Mein Stations-Oberarzt hat die Klinik verlassen, das macht mich traurig, ich hab mich sehr mit ihm identifiziert. Wahrscheinlich viel zu sehr, denn sein Weggang verwirrt mich unverhältnismäßig. Es scheint alle meine Ziele infrage zu stellen, dass er die Medizin aufgibt.
Heute hab ich einen Port ausgebaut bei Infekt. Vorher hatte ich das einmal gesehen/gemacht in einer Famulatur und einmal gemacht im Dienst, aber ganz von mir überzeugt hab ich gleich hier geschriien, als die Patientin eingeliefert wurde. Und hab dann vor mich hingewurschtelt. Natürlich kann man bei einer Portexplant nicht sehr viele Dinge falsch machen, aber ich hatte das Gefühl, ich stelle mich an wie der letzte Mensch.
Einfach nicht meine beste Zeit beruflich. Und mein Typ fehlt mir. Meine Periode auch...
Ein Jahr ist um, und ich muss noch so viel selbstständiger werden.