28.5.08

Zurück aus NYC!

Ich bin jetzt Dr. med. ! Der Bescheid war in der Post, als ich zurück gekommen bin. Leider ist die Arbeit nicht mit "summa cum laude" angenommen worden, wie eingereicht, sondern hat ein "magna" becommen. Aber es war ohnehin eine wackelige Sache, einerseits weil mein Doktorvater sich monatelang ein paper nicht angeschaut hat, das ich als Erstautorin einreichen will, andererseits wäre es auch damit recht schwer gewesen, die Note durchzusetzen. Letzendlich wäre es reines Glück gewesen, ein summa zu bekommen - aber natürlich geil! Wie auch immer, ich habe bemerkt, dass eigentlich die Doktortitelgeschichte schon mit Abgabe der Arbeit für mich irgendwie abgeschlossen war, und jetzt ist das ganze endgültig vorüber, endlich!!

NYC war cool, wie immer, aber auch das Labor dort war positiv und meine Präsentation ist glaube ich auch ganz gut angekommen. Jetzt muss ich den Antrag für ein Stipendium schreiben - es gibt Momente, das erscheint mir das ganze eindeutig eine Nummer zu groß. Aber: Andere haben das auch schon geschafft. Warum sollte ich mir das nicht auch zutrauen?!? Manchmal denke ich, wenn ich in derselben Zeit statt Forscherin in NYC einfach Piercerin oder Kellnerin oder Museumsguide oder oder oder sein könnte, ohne dass es für meine Gesamtperspektive ein Risiko wäre - ich würde sofort umschwenken... Oder ist das nur die "performance anxiety"?

Der Typ, von dem ich geschrieben hatte, hat eine Freundin. Besser vergeben als vergrault, immerhin. Nachdem meine Euphorie sich erfahrungsgemäß gelegt hatte, ist auch meine ganze Haltung ihm gegenüber eine völlig andere. Die Projektion eben. In NYC hatte ich aber 2 ! Blind Dates!! Über dieselbe Dating Site, die zwei Typen haben mich angeschrieben, weil sie gesehen hatten, dass ich mich auf ihrem Profil rumgetrieben habe. Nr. 1 war zum lunch in der Mittagspause, eine netter Architekt, dem ich glaube ich nicht so richtig gefallen habe; oder aus welchem Grund auch immer er sich nicht mal mit der Höflichkeitsfloskel " wenn du mal wieder da bist..." verabschiedet hat. Nr. 2 war ein dinner date, im meatpacking district, mit einem gutaussehenden 34jährigen filmmaker/trader. Er hatte seine, sagen wir mal, Eigenheiten; ich hatte den Verdacht, er hält sich für unübertrefflich. Außerdem hat er in einem dezenten aber eigenartigen Singsang gesprochen, der mich etwas irritiert hat. Aber: Wir haben uns sehr gut verstanden; es hat sich dieses reizvolle Tauziehen zwischen uns entwickelt, das ich unter Flirten verstehe, und das für Außenstehende vermutlich extrem albern ist. Nach der Zigarette hat er mich geküsst, und wir sind schnurstracks zu ihm nach Hause. Und haben auch den nächsten tag zusammen verbracht. Und ich konnte feststellen, dass er genügend Selbstironie Weltinteresse besitzt, um auch nüchtern ein guter Gesprächstpartner zu sein, und genügend Fürsorge und Erfahrung, damit ich mich nicht komisch fühlen musste. Man könnte sagen: der perfekte One Night Stand.

7.5.08

Klappmesser

Call me Sebastian Deisler.

Die erwähnte Präsentation für NYC sollte ich gestern zur Probe in unserem Labmeeting halten, und ich übertreibe kein bisschen, wenn ich sage, dass es eine Hinrichtung, oder eher Kamikaze war.

Eine Stunde vorher entdecke ich auf einmal, dass mein Telefon fehlt, befand sich einfach nicht mehr in der angestammten Ladeschale. Das wäre für den Vortrag ja nicht so schlimm, allerdings habe ich direkt danach Nachtdienst und muss definitiv erreichbar sein. Also erste Priorität: Telefon nachforschen. Wird nicht gefunden. Als es schließlich um 18h losgehen soll, schließe ich den beamer an, dabei stellt sich heraus, dass das Verbindungskabel fehlt. Jemand zieht los, einen neuen zu holen, da sind aber schon fast alle da. Solgeich Ungehaltenheit auf Seiten des Masters. Um den neuen beamer anzuschließen, fahre ich meinen Laptop neu hoch - (Trommelwirbellllll) und die Präsentation ist weg! Kurze Asystolie bei mir, schnell renn ich los, um eine Version aus meinem email account zu fischen. Wie sich herausstellt, ist die aber eine viel ältere, als die, die ich eigentlich zeigen wollte. Wenn das ganze ein Film wäre, würde man nun als Stilmittel entweder eine Gebäudesprengung sehen oder meine Steinigung. Den Vortrag, man denkt es sich, konnte ich nicht mehr retten. Nochmal, weil ich vielleicht manchmal zu Übertreibungen neige: es war der Super-GAU!!!

Jetzt sitze ich hier bei schönstem Sonnenschein am Computer, mach die Präsentation neu, mir ist schlecht vor Angst vor dem Auftritt in NYC und ich frage mich ohne Übertreibung, ob ich für das alles gemacht bin. Ich weiß, was mich nicht umbringt, macht mich härter, und letztendlich führen die Widernisse in jedem Film zum Happy End mit einen gestärkten Helden. Aber im Leben ist es ja tatsächlich manchmal anders. Im Leben gibt es ewige Talente, die aus welchen Gründen auch immer nie ihr ihnen zugeschriebenes Potential entfalten, obgleich die einhellige Meinung ist, der/die hats einfach drauf.

Vielleicht liegt es ja zum Teil daran, wenn man sich persönlich verantwortlich fühlt, die gesteckten Erwartungen (wohlgemerkt, der anderen) zu erfüllen. Wenn man, warum auch immer, von klein auf gewohnt ist, als Projektionsfläche der Wünsche seiner Umgebung zu dienen, wie sollte man sich da abgrenzen können gegen die Enttäuschung, die man von seiner Umgebung ja zwangsläufig früher oder später serviert bekommt? Denn keiner macht ja immer alles richtig, und überhaupt wäre die einzige Möglichkeit, in solch einer Konstellation erfolgreich zu sein, immer alles perfekt zu machen. Gerade Teamplayer, die sich durch hervorragende intuitive Zusammenarbeit und Führungseigenschaften auszeichnen, müssten doch zwangsläufig fast angreifbarer durch Druck der Umgebung sein, weil sie mit ihrer Umgebung viel mehr connected sind, als der Durchschnitt.

Ich hoffe, ich kann mich abnabeln und autarker werden, ohne dabei meine Stärken zu opfern. Wenn nicht, werd ich im Leistungssport nie was werden.

5.5.08

...immer noch nix gehört. Ich bin viel zu fragil für diese Scheiße, die sich "Liebe" nennt. Wo ich sie suche, finde ich nur Verletzungen. Was mach ich denn falsch? Früher war das doch einfacher, dabei hat man sich doch noch viel unmöglichere Typen rausgesucht. Wenigstens waren da mal ab und zu welche mit von der Partie. Je mehr ich erlebe, desto verletzlicher und verschrobener und verschlossener werde ich, anstatt weiser und souveräner und erfolgreicher. Fuck!

Begeisterungsfähigkeit = Verzweiflung?

2.5.08

c'est une embuscade

Am 13. Mai fliege ich also nach NYC. Und soll am 15. eine "short presentation of about 15 -20 mins on my current research projects" im dortigen Laborseminar halten... seit ich das gehört habe, hab ich Bluthochdruck. Aber nachdem ich heute unterm Mikroskop gesehen habe, dass nach wochenlanger Durststrecke endlich mal wieder Zellen (und sogar die richtigen) in meinen Kulturen wachsen, hat mein wissenschaftliches Selbstvertrauen zumindest mal den Silberstreif am Horizont gesehen. Ich hab mich so über die kleinen Viecher gefreut, dass ich mich zum ersten mal in meinem ganzen Leben wie ein richtiger nerd gefühlt habe. Und es hat gar nicht weh getan!

Ich habe wirkliche schiere pure Angst davor, Leute, die an mich glauben und die ich respektiere, mit der ganzen NYC-Sache zu enttäuschen. Das ist ein riesiges Thema für mich, ich wünschte es wäre anders. Mit Vorschusslorbeeren schaff ich es fast immer, über mich selbst hinauszuwachsen und meine "Vorgesetzten" (in jeglichem Sinn) zu beeinrucken. Anschließen muss sich natürlich die Phase, in der ich selbständig zeige, that I live up to the expectations. Und dann knicke ich unter dem Druck ein; zumindest passiert dann das umgekehrte: Ich bringe viel schlechtere Leistung, als ich kann und als andere von mir gewohnt sind. Oder ist es vielleicht so: Dann zeigt sich der wahre kümmerliche Gehalt hinter der Fassade.

Puh, nicht hyperventilieren, irgendwie wird sich alles in Wohlgefallen auflösen.


Seit dieser Woche mache ich Studentenunterreicht, ein Block von 2 Wochen. Es macht mir wirklich Spaß und ist für mich selbst sehr aufschlussreich - scheint so, als ob ich unbemerkterweise doch einige Dinge in den letzten 16 Monaten gelernt habe. Eigentlich hab ich also jede Menge um die Ohren, aber was mache ich den ganzen Tag? Ich habe jemanden im Netz kennengelernt. Wobei "kennengelernt" fast schon viel zu viel gesagt ist. Jedenfalls können sich alle, die mich etwas kennen, denken, dass ich jetzt quasi konstant damit beschäftigt bin, über diese unglaublich beeindruckende, Sehnsucht weckende Person allesallesalles von Abiturzeugnis bis Zwischenstoppprotokolle herauszufinden.


So, 4 h (und 2 Gläser Navarra + 2 Gläser Port) später, denn mein Mitbewohner wurde gerade mit seinem Roller überfahren... hat eine Tossy I-Läsion, weil ihm jemand die Vorfahrt genommen hat, so dass ich wieder einen Abend in der chirurgischen Notaufnahme verbracht habe...:

Jedenfalls hat mich von den Details, die ich über ihn erfahren habe (und das sind einige im internet, er ist nämlich eine seeehr vernetzte Person) selten jemand so interessiert. Ich werde ja schnell obsessiv mit meinen Interessen, vor allem, wenn es sich dabei um beeindruckende Menschen handelt, daher ist es vermutlich eher schlecht für meinen Gemütszustand, dass ich so viele Anlaufpunkte über ihn im Netz habe. Heute hat er mir nicht geschrieben, und ich denke fast permanent darüber nach. Ich schäme mich dafür, aber andererseits habe ich noch nie jemanden einfach so angeschrieben, ohne ihn zu kennen, the stakes are high aber irgendwie auch überhaupt nicht, das verwirrt mich alles. Schwer, so eine Situation einschätzen zu können, aber vielleicht führt das auch dazu, dass man ganz wie man selbst handelt. Ich hoffe. Oder vielleicht wäre gerade das mein Verhängnis?