Ich habe meinen ersten MoMo-Konferenz-Eintrag geschafft! Für alle Nichteingeweihten: MoMo steht für Morbidität und Mortalität und bedeutet, dass man sich in der Gladiatoren-Arena des Hörsaals vor der versammelten Mannschaft für seine Komplikationen rechtfertigen muss. Nicht unähnlich dem wohlbekannten mittelalterlichen Pranger. Und das kommt davon, wenn Bäuche, die man zugenäht hat, wieder aufplatzen. So geschehen bei dem letzten Patienten, den ich operiert habe. Am letzten Freitag, der eigentlich ein schon genügend unerfreulicher Tag gewesen wäre, ruft mich ein Kollegenfreund in die Ambulanz, ich solle mir mal was anschauen, einen Platzbauch, den ich operiert hätte. Als ich dann da stand und mir den Patienten anschaute, konnte ich mich nur mühsam zurückhalten, hemmungslos loszuheulen. Es war einfach alles zuviel: ich war seit zwei Tagen horromäßig erkältet, musste trotzdem 14 h-Tage runterreißen, weil mein Kollege noch und seit 2 Wochen im Urlaub ist, und dann liegt da dieser arme Mann, der nur deswegen nochmal unters Messer muss, weil ich zu dämlich bin, einen Bauch zuzunähen. Und der Spott der Kollegen war natürlich auch gratis inkludiert, übrigens auch noch die nächsten 2 Tage. Es war nämlich auch noch eine Mini-Lap, gerade mal 10 cm lang.
Was ich daraus gelernt habe: Gerade bei diesem Bauch hatte ich das Gefühl, dass es irgendwie nicht richtig gemacht war; wir haben eine Schlinge statt Einzelknöpfe genommen, die Narkose hat nicht gepasst, so dass der Patient zwischendrin gepresst hat, er ist dick und hat chronischen Reizhusten. Diese Kombi hat die Faszie dann nicht gepackt. Das nächste Mal folge ich meinem Instinkt und bin konsequent, statt die Augen zu schließen und zu hoffen, dass es alles schon irgendwie gut geht. Mein Oberarzt hatte Dienst, und hat meine Fehler wieder repariert; ich bin sehr sehr dankbar, dass er und auch andere einem in solchen Momenten (die hoffentlich trotzdem nie nie nie wieder vorkommen...) den Rücken stärken und Verständnis zeigen. Es hat wahrscheinlich echt jeder in dem Beruf so etwas erlebt; diese Solidarität und Unterstützung ist etwas ungewohntes für mich, und sie fühlt sich sehr gut an.
Eines meiner letzten Highlights dagegen war die 86jährige, die ich für eine laparoskopische Cholezystektomie aufklären durfte. Ich hab ihr mit einer Abbildung gezeigt, wie so etwas funktioniert, mit einer Kamera in den Bauch zu schauen, und dann mit klitzekleinen Instrumenten drin zu operieren - daraufhin hat sie mich angestrahlt, den Kopf geschüttelt und gesagt: "Hach! Die Welt ist voller Wunder!"