Hat jemand "The devil wears Prada" gesehen? Angehende Journalistin bewirbt sich unbedarft bei der "Vogue" in New York als Assistentin der Chefin, es klappt tatsächlich, obwohl sie von Mode eigentlich soviel versteht wie eine Kuh vom Tanzen. Von da ab ist sie quasi ausgeliefert, kriegt aber natürlich die Kurve zur doch-noch-passablen-bis-grandiosen-Mitarbeiterin, usw usf... Neulich gab es so einen Moment auf Chefvisite, da zoomte eine "The devil wears Prada"-Vision vor meinem inneren Auge vorbei. Genauer gesagt gibt es in dem Film eine Szene, in der der Verlag zu einer hochkarätigen Feier einlädt, für die die Assistentinnen vorher ordnerweise Fotos mit Namen und Funktionen auswendig lernen müssen, um dann beim Empfang hinter der Chefin zu stehen, und ihr die Infos über das jeweilige Gegenüber ins Ohr zu flüstern:

Eben genau wie auf Chefvisite, nur geht es dabei um "Frau Meier 3. postop-Tag nach Hemikolektomie rechts bei Kolonkarzinom Nebendiagnose Schuppenflechte der Sohn ist Friseur hat eine Goldfisch nebendran liegt Frau Müller Lebertransplantation vor 2 Wochen Operateur Doktor Schiwago Spender war ein 23jähriger Motorradfahrer der Marke Suzuki beim Linksabbiegen vom Spreewaldgurkenlaster erfasst".
Hatte gestern ein erstes richtiges Gespräch über meine wissenschaftliche Zukunft. Der Oberarzt, mit dem ich mich unterhalten habe, ist nett und ein cooler Typ. Er hat viel von "Mentoren" gesprochen, und "Pläne" und "Sie sind jetzt 27, 6 Jahre bis zum Facharzt, ich bin noch einige Jahre hier, wenn nicht, gehen Sie eben mit dorthin, wo ich hingehe, der Chef möchte, dass Sie noch klinische Studien machen, ..."
Mir hat sich kurz die Kehle zugeschnürt. Ich weiß, dass das alles richtig und vernünftig ist, was er da sagt. Aber mir fällt glaube ich erst jetzt auf, dass ich mein ganzes Leben eigentlich immer nur gemacht habe, was ich wollte. Und viel Wert darauf gelegt habe, mir alles unverbindlich und offen zu halten. Ich wußte gar nicht, dass ich so bindungsscheu bin...
Jedenfalls war das natürlich die ultimative Konfrontation à la "will ich so ein Leben?". Ich habe mich um 20h mit ihm getroffen (wir waren gerade mit der Chefvisite fertig), da saß er in seinem Büro - er macht wirklich nicht den Eindruck, als sei er ein nerd, der nur seine Arbeit kennt, aber trotzdem hat er daheim drei Kinder und eine Frau. Auf die er oft verzichten muss. Genau wie auf andere schöne Dinge. Und für was? Einen Chefarztposten in baldiger Zukunft. Ist Chefärztin sein eigentlich gut? Macht es Spaß? Woher soll ich das wissen.
Was macht mich glücklich? Einerseits will ich, was ich tue, mit Haut und Haar machen. Andererseits habe ich das Gefühl, mich verschluckt gerade ein schwarzes Loch.
So ist die Liebe und das Leben.