30.10.06

Men in Black

Was ist das: 15 junge Männer und eine junge Frau in schwarzen Anzügen in einem Krankenhaus beim Nägelkauen? Eine Bewerbungsrunde in Chirurgie!
Letzten Freitag, irgendwo im Süden Deutschlands, saß ich vormittags mit zwei netten Jungs, die ich noch vor wenigen Monaten meine Kommilitonen hätte nennen können, in einem Unikrankenhausflur, bis zwei Oberärzte mich mit den Worten "Ladies first" zum Gespräch baten. Dieses verlief sehr nett, die üblichen Fragen wurden gestellt (Warum Chirurgie? Wie stellen Sie sich die Zukunft vor?) und als ich mich erkundigte, ob denn ein Forschungsaufenthalt im Ausland möglich wäre, fingen sie beide an zu strahlen und meinten, hier in der Gegend wäre der Freizeitwert so groß, dass es eher das Problem gäbe, dass keiner weg will, aber Auslandsaufenthalte würden natürlich unterstützt. Dann gab es noch eine persönliche Führung durch das wirklich sehr schöne Krankenhaus und die Ansage, um 14.30 h, nachdem noch einige andere 3er-Runden gelaufen waren, nochmal herzukommen für eine zweite Runde mit dem Chef.
Ich finde Bewerbungsgespräche jetzt nicht gerade so toll, dass ich gerne gleich zwei an einem Tag mache - aber natürlich bin ich nachmittags nochmal angetrabt, in dieser Runde waren wir anscheinend nur noch zu viert insgesamt. Es war auch sehr interessant zu beobachten, wie unterschiedlich man mit solch eine Stresssituation umgehen kann, ganz wie in einer Prüfung. Da gab es den Schüchternen, der nicht wußte, wohin mit den Händen, aber dankbar um jede Ablenkung war, die ich als ehemaliger Klassenclown bereitwillig geliefert habe, um die Stimmung etwas zu heben. Und es gab noch jenen, der mit dem Rest, der wir an einem Tischchen saßen, am besten gar nix zu tun haben wollte, und unablässig und stumm mit gesenktem Blick hin- und hergetigert ist.
Dann saß ich dem Chef gegenüber, und der hatte so eine skeptisch-joviale Art, mich auszuquetschen und (mal wieder, gähn...) über das harte Chirurginnen-Leben zu belehren, als hätte ich gerade gesagt "Papa, ich will ein Pony, und ich hab mir das gut überlegt". Naja, im Hinterkopf hatte ich ja sowieso das quasi-Angebot aus meiner Hospitation, dementsprechend gelassen hab ich diese Mätzchen betrachtet.
Tja, und jetzt warte ich auf deren Anruf. Obwohl ich dort gar nicht anfangen möchte (der mantrartigen Indoktrination von "wir sind ja die beste Klinik, die tollste Abteilung, mit den fähigsten Leuten" während meiner Hospitation scheine ich doch erlegen zu sein...) nölt das Selbstbewusstsein im Hinterkopf "warum rufen die denn nicht an? wollen die mich vielleicht gar nicht?". Bescheuert.

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